Statement vom 8. Juli 2021
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat sich im Rahmen einer neuen Strategie ein Inflationsziel von künftig zwei Prozent gesetzt. Dazu ein Statement von Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin):
Mit ihrer neuen Strategie verschafft sich die Europäische Zentralbank mehr Spielraum, um in Zukunft noch flexibler agieren zu können. Anders als die US-amerikanische Notenbank verpflichtet sie sich nicht zu einer durchschnittlichen Inflation in Höhe von zwei Prozent, also nicht zur Kompensation einer schwachen Preisentwicklung durch eine deutlich höhere. Somit kann die EZB im Rahmen ihrer Geldpolitik in einigen Situationen stärker und in anderen schwächer reagieren. Gleichzeitig lässt die Strategie jedoch wichtige Fragen offen, beispielsweise wie groß und wie lange die EZB gewillt sein wird, Abweichungen der Preisentwicklung vom Zwei-Prozent-Ziel zu tolerieren.
Die neue Strategie der EZB stellt keinen Bruch mit der Bundesbank dar, sondern steht in guter Tradition selbiger und deren erfolgreicher Fokussierung auf Preisstabilität. Die neue Strategie wird in den kommenden Jahren nichts Grundlegendes am geldpolitischen Kurs der EZB ändern, denn die Zinsen werden wohl auch die nächsten zwei oder drei Jahre nahe Null verbleiben. Die Veränderung der Strategie wird die Aufgabe der EZB nicht leichter machen, da sie die Inflationserwartungen und damit auch die realisierte Preisentwicklung nicht schneller an das Zwei-Prozent-Ziel heranbringen wird. Die EZB hat sich nicht von den Attacken und Drohungen aus Deutschland beeinflussen lassen, sondern wird auch in Zukunft Anleihekäufe und negative Zinsen als Instrumente nutzen, um ihrem Mandat der Preisstabilität gerecht werden zu können.
Der Fokus der neuen EZB-Strategie auf den Schutz von Klima und Umwelt ist richtig und notwendig, auch wenn ein deutlich ambitionierterer Ansatz wünschenswert gewesen wäre.
Themen: Geldpolitik