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Abgeltungsteuer

Kapitalertragsteuer (Abgeltungsteuer)

Wer Kapitalerträge (Zinsen, Dividenden und andere Gewinnausschüttungen von Kapitalgesellschaften) erzielt oder Veräußerungsgewinne aus Wertpapieren, Versicherungen oder Devisengeschäften realisiert, muss diese versteuern – soweit sie einen Freibetrag von jährlich 801 Euro (bei Ehepaaren 1.602 Euro) überschreiten. Mit der Kapitalertragsteuer, in Deutschland auch Abgeltungsteuer genannt, belastet der Fiskus diese Einkünfte mit einem einheitlichen Steuersatz von 25 Prozent. Dabei handelt es sich um eine Erhebungsform der Einkommensteuer. Rechnet man den ebenfalls fälligen Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer hinzu, kann der Steuersatz auf insgesamt bis zu 28 Prozent steigen.

Vor Einführung der Abgeltungsteuer im Jahr 2009 wurden diese Einkünfte mit Kapitalertragsteuern in Höhe von 30 Prozent (Zinsen) beziehungsweise 20 Prozent (übrige Kapitalerträge) belastet. Dabei handelte es sich aber nur um eine Vorauszahlung, die die Steuerpflichtigen später mit der gesamten persönlichen Einkommensteuer verrechnen konnten. Die Kapitalerträge wurden zusammen mit allen anderen steuerpflichtigen Einkünften veranlagt und unterlagen zusammen mit dem übrigen Einkommen dem progressiven Einkommensteuertarif. Da der Steuertarif progressiv ist, war der tatsächliche Steuersatz auf die Kapitaleinkünfte umso höher, je größer das gesamte steuerpflichtige Einkommen einer Person war.

Dementsprechend profitieren von der Abgeltungsteuer heute vor allem Besserverdienende, deren Steuersatz über 25 Prozent liegt: Ihre Kapitalerträge werden nur noch mit dem pauschalen geringeren Steuersatz belastet. Steuerpflichtige mit einem individuellen Steuersatz unter 25 Prozent können ihre Einkünfte aus Kapitalvermögen weiterhin in der Einkommensteuererklärung angeben und bekommen dadurch die höhere Abgeltungsteuer erstattet.

Allerdings wurde mit der Einführung der Abgeltungsteuer ab dem Jahr 2009 das „Halbeinkünfteverfahren“ abgeschafft, das die Hälfte der Kapitalerträge aus Dividenden und anderen Gewinnausschüttungen von Kapitalgesellschaften steuerfrei stellte.

Damit sollte die Vorbelastung durch Unternehmensteuern (Gewerbesteuer, Körperschaftsteuer) ausgeglichen werden. Durch den Wegfall des Halbeinkünfteverfahrens werden seitdem Steuerpflichtige mit solchen Kapitalerträgen bei niedrigen und mittleren Grenzsteuersätzen stärker belastet als vor der Reform. Ferner können keine höheren „Werbungskosten“ – also Aufwand für die Erzielung der Kapitalerträge – über den Freibetrag hinaus berücksichtigt werden, zum Beispiel Zinsaufwand oder Beratungskosten. Veräußerungsgewinne sind seitdem voll steuerpflichtig, unabhängig von der Haltedauer der Finanzanlagen.

Würde man heute zur persönlichen Besteuerung zurückkehren, ergäben sich derzeit und in den nächsten Jahren nur geringe Aufkommens- und Verteilungswirkungen. Bei Dividenden oder Veräußerungsgewinnen würde heute das „Teileinkünfteverfahren“ mit einem Besteuerungsanteil von 60 Prozent gelten, das derzeit für Dividenden und Veräußerungsgewinne gilt, die nicht der Abgeltungsteuer unterliegen und weiterhin persönlich besteuert werden. Dadurch ergeben sich nur geringe Mehrbelastungen bei Steuerpflichtigen mit hohen Einkommen sowie Entlastungen bei niedrigeren Einkommen. Stärker belastet würden lediglich die Zinseinkünfte der Steuerpflichtigen mit höheren Einkommen. Diese sind jedoch im Zuge der Niedrigzinsphase stark gesunken. Dadurch entstehen insgesamt leichte Steuerausfälle. Außerdem erhöht sich der bürokratische Aufwand, wenn die Kapitaleinkünfte wieder in der Steuererklärung deklariert werden müssen.

Eine Anhebung des Abgeltungsteuersatzes würde zwar Mehreinnahmen erzielen und hohe Einkommen belasten, könnte aber die Investitionsanreize verringern. Das gleiche gilt für eine Erhöhung des Besteuerungsanteils des Teileinkünfteverfahrens auf über 60 Prozent, die auch in Betracht gezogen werden könnte.

Experten

Stefan Bach
Stefan Bach

Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Staat

Hermann Buslei
Hermann Buslei

Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Staat

Das DIW Glossar

Das DIW Glossar ist eine Sammlung von Begriffen, die in der wissenschaftlichen Arbeit des Instituts häufig verwendet werden. Die hier gelieferten Definitionen sollen dem besseren Verständnis der DIW-Publikationen dienen und wichtige Begriffe aus der empirischen Wirtschafts- und Sozialforschung so prägnant wie möglich erklären. Das Glossar hat keinen Anspruch auf lexikalische Vollständigkeit.

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